Am 08. August 2024 wurde in Schleswig-Holstein erstmalig das Blauzungenvirus vom Serotyp 3 (BTV-3) nachgewiesen.
Die Blauzungenkrankheit ist eine virusbedingte, vorwiegend akut verlaufende Krankheit, welche durch Gnitzen (blutsaugende Mücken der Gattung Culicoides) übertragen wird. Empfänglich für eine Infektion mit diesem Virus sind insbesondere Rinder, Schafen und Ziegen, aber auch Wildwiederkäuer und Neuweltkameliden wie Lamas und Alpakas. Der Erreger der Blauzungenkrankheit ist für den Menschen nicht gefährlich. Der Verzehr von Fleisch- und Milchprodukten ist unbedenklich. Die Blauzungenkrankheit unterliegt als Tierseuche der Anzeigepflicht. Es sind derzeit 24 klassische Serotypen (BTV 1-24) bekannt.
Aktuelles
Die ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) hat in einer Kurzmitteilung und einer Stellungnahme vom 03. März 2025 die dringende Empfehlung, empfängliche Wiederkäuer gegen BTV-3 impfen zu lassen, wiederholt.
Das Friedrich-Loeffler-Institut hat am 12. April 2024 eine qualitative Risikobewertung zur Verschleppung der Blauzungenkrankheit herausgegeben.
BTV-3-Nachweise in Schleswig-Holstein ab 1. Januar 2025 (Stand: 30.05.2025)
Kreis/Kreisfreie Städte
Anzahl Rinderhaltungen
Anzahl Schaf- und Ziegenhaltungen
Anzahl Haltungen
sonstiger Tiere*
Anzahl
Wildlebende Tiere
Dithmarschen
25
Herzogtum Lauenburg
8
Kiel
1
Lübeck
2
Neumünster
0
Nordfriesland
52
3
Ostholstein
9
Pinneberg
6
Plön
9
Rendsburg-Eckernförde
41
Schleswig-Flensburg
42
Segeberg
13
Steinburg
24
Stormarn
9
Gesamt je Tierart
241
3
0
0
Gesamt alle Tierhaltungen
243
Wichtiger Hinweis
Eine Impfung gegen die Blauzungenkrankheit stellt den einzigen effektiven Schutz gegen schwere klinische Symptome der Blauzungenkrankheit, die insbesondere häufig bei Schafen auftreten, dar. Weitere Informationen finden Sie hier.
Alle Halterinnen und Halter von für die Blauzungenkrankheit empfänglichen Tieren (v.a. Schafe, Rinder, Ziegen und sonstige Wiederkäuer sowie Neuweltkameliden), sind aufgefordert, ihre Tiere zu beobachten und bei möglichen Krankheitssymptomen, die auf eine Infektion mit dem Virus der Blauzungenkrankheit hindeuten, ihre betreuende Tierarztpraxis sowie das für sie zuständige Veterinäramt zu kontaktieren, damit unverzüglich die notwendigen Laboruntersuchungen eingeleitet werden können.
Das Virus, das ursprünglich aus Afrika stammt, ist mittlerweile weltweit verbreitet. In Europa kommt es seit 2006 immer wieder, in unterschiedlichen Ländern und durch verschiedene Serotypen, zu Ausbrüchen. Diese Serotypen können dabei eine voneinander abweichende Virulenz aufweisen und damit unterschiedlich starke Symptome bei den betroffenen Tierarten auslösen. In Deutschland kam es zwischen 2006-2009 sowie zwischen 2018-2021 zu Ausbrüchen der Blauzungenkrankheit des Serotyp 8 (BTV-8). Seit Herbst 2023 ist Deutschland von Ausbrüchen der Blauzungenkrankheit des Serotyps 3 (BTV-3) betroffen.
In Schleswig-Holstein wurde die Blauzungenerkrankung, ausgelöst durch BTV-3, am 8. August 2024 bestätigt. Gemäß Unionsrecht erfüllt Schleswig-Holstein damit nicht länger die Anforderungen an den Status „seuchenfrei“.
Eine Weiterverbreitung der Blauzungenkrankheit erfolgt in erster Linie durch Gnitzen. Durch die infektösen Stiche virustragender Gnitzen können sich empfängliche Haus- oder Wildwiederkäuer in der in der näheren Umgebung mit der Erkrankung anstecken. Durch die Ausbreitung lebender, infizierter Gnitzen über den Wind (Windverdriftung), kann eine Verschleppung der Erkrankung aber auch über weitere Entfernungen erfolgen. Infizierte Gnitzen können zudem über Handel und Verkehr verschleppt werden. Auch durch den Handel mit infizierten Tieren oder deren Sperma, Embryonen oder Eizellen ist eine Weiterverbreitung der Erkrankung möglich
BTV-3: Europa
Anfang September 2023 hat das niederländische Referenzlabor Wageningen Bioveterinary Research (WBVR) die ersten Fälle der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 bestätigt. Seither kam es zu zahlreichen weiteren Ausbrüchen in Schaf- und Rinderbetrieben in den Niederlanden und insbesondere bei Schafen zu schweren Erkrankungsbildern und einer deutlich erhöhten Sterblichkeit. Auch bei Rindern wurden eine erhöhte Sterblichkeit sowie Leistungsrückgänge beobachtet Dossier Blauwtong (gddiergezondheid.nl).
Anfang Oktober 2023 wurde in Belgien nahe der niederländischen Grenze der erste Fall der Blauzungenkrankheit (BTV-3) bei Schafen festgestellt. Die Niederlande und Belgien haben damit die Voraussetzungen für ihren BTV-Freiheitsstatus verloren. Mittlerweile sind auch weitere Länder in Europa von der Erkrankung betroffen. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.
BTV-3: Deutschland
Deutschland ist seit Mitte Oktober 2023 von BTV-3 betroffen. Der erste Fall wurde im Bundesland Nordrhein-Westfalen bestätigt. 2023 erfolgten auch die ersten Nachweise in Niedersachsen. Im Sommer 2024 hat das Geschehen in Deutschland deutlich an Dynamik gewonnen und die Tierseuche wurde in weiteren Bundesländern nachgewiesen. In Schleswig-Holstein erfolgte die erste Bestätigung von BTV-3 am 8. August 2024. Mittlerweile hat ganz Deutschland seinen Status „seuchenfrei“ bezüglich der Infektion mit BTV verloren und gilt derzeit innerhalb der EU als Mitgliedstaat ohne Status in Bezug auf BTV. Weitere Informationen zur aktuellen Lage finden Sie hier.
Anforderungen an das Verbringen
Der Handel bzw. das Verbringen empfänglicher Tiere, insbesondere Rinder, Schafe, Ziegen und sonstige Wiederkäuer aus Schleswig-Holstein ist eingeschränkt und nur unter Einhaltung verschiedener Tierhesundheitsanforderungen möglich. Einschränkungen gelten auch für das Verbringen von Zuchtmaterial (Sperma, Eizellen, Embryonen). Die diesbezüglichen Anforderungen werden durch die Verordnung (EU) 2016/429 sowie durch die Delegierten Verordnungen (EU) 2020/686, (EU) 2020/688 und (EU) 2020/689 bestimmt. In der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 werden die Tierarten gelistet, für die diese Regelungen anzuwenden sind. Für BTV sind dort die Arten bzw. Artengruppen Antilocapridae (Gabelhornträger), Bovidae (Rinderartige), Camelidae (Neu- und Altweltkamele), Cervidae (Hirsche), Giraffidae (Giraffen), Moschidae (Moschustiere) sowie Tragulidae (Hirschferkel) gelistet.
Die jeweilig anzuwendenden Regelungen sind dabei zum einen davon abhängig, welchen Gesundheitsstatus Herkunfts- und Bestimmungsland aufweisen. Hierbei wird unterschieden, ob ein Mitgliedsstaat oder eine Zone eines Mitgliedsstaats den Status als „seuchenfrei“ in Bezug auf BTV innehat, unter einem genehmigten Tilgungsprogramm steht oder keinen Status in Bezug auf BTV hat. Zum anderen unterscheiden sich die Anforderungen auch dahingehend, zu welchem Zweck die Tiere (als Nutz-/Zucht- oder Schlachttiere) verbracht werden sollen. Zudem sind beim Transport selbst, insbesondere wenn freie oder unter Tilgungsprogramm stehende Länder außerhalb Deutschlands befahren werden, besondere Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren zu beachten.
Grundsätzlich unterscheidet das EU-Recht dabei zwischen Anforderungen, bei deren Erfüllung die Tiere in jedem Fall verbracht werden dürfen und anderen Anforderungen, die Ausnahmen darstellen. Soweit durch das EU-Recht vorgesehen, müssen diese Ausnahmen, sofern ein aufnehmender Mitgliedsstaat von ihnen Gebrauch machen möchte, der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten mitgeteilt werden.
Zu finden sind diese Ausnahmen über nachfolgenden Link unter der Überschrift „Movement within the EU“: Bluetongue - European Commission. Die Ausnahmeregelungen können sich dabei auf bestimmte Tierarten beschränken.
Bitte wenden Sie sich vorab an Ihr zuständiges Veterinäramt, wenn Sie Tiere oder Zuchtmaterial empfänglicher Arten aus oder nach Schleswig-Holstein verbringen wollen.
Symptome und Vorbeugung der Blauzungenkrankheit
Symptome
Der Schweregrad der klinischen Symptome der Blauzungenkrankheit kann unterschiedlich ausfallen, da sie von verschieden Faktoren, wie dem Serotyp, dem Gesundheitszustand des Tieres und der betroffenen Tierart abhängen. Schafe sind im Allgemeinen stärker betroffen als Ziegen.
Rinder können keine oder nur sehr milden Verlaufsformen aufweisen. Folgende klinische Symptome können auftreten: Einbruch der Milchleistung, Entzündungen der Schleimhäute mit Bläschenbildung im Bereich der Augenlider (Bindehautentzündung), Maulhöhle und Genitalien sowie der Zitzenhaut. Des Weiteren kann es zu Schleimhautablösungen im Bereich des Mauls und der Zunge kommen. Im Bereich des Klauenkronsaums kann es zu Entzündungen mit Blasenbildung und Lahmheit kommen. Angeborene Missbildungen bei Kälbern sind möglich.
Bei Schafen sind die klinischen Anzeichen in der Regel schwerwiegender als bei Rindern. Etwa 7-8 Tage nach der Infektion lassen sich die ersten klinischen Symptome beobachten. Zu diesen Symptomen können eine erhöhte Körpertemperatur (Fieber bis 42°C), Fressunlust, Apathie und Absonderung von der Herde gehören. Ein weiteres Anzeichen ist die typische Veränderung der Schleimhäute. Bei dieser Veränderung kommt es zur Schwellung und Läsion der Maulschleimhäute, vermehrtem Speichelfluss und Schaumbildung vorm Maul sowie Ödemen im Kopfbereich und Nasenausfluss. Sowohl die Zunge als auch der Hals können anschwellen und die Zunge könnte aus dem Maul hängen. Es kann zu Entzündungen am Kronsaum sowie zur Lahmheit kommen. Fruchtbarkeitsstörungen und Aborte bei trächtigen Tieren können ebenfalls auftreten.
Die Krankheit kann vor allem bei Schafen auch tödlich verlaufen. Genesene Tiere entwickeln eine Immunität gegen den Serotyp des Virus, mit dem sie infiziert waren.
Spezielle Informationen zum Thema Blauzungenkrankheit für Jägerinnen und Jäger finden Sie im entsprechenden Informationsblatt, da auch Wildwiederkäuer für die Erkrankung empfänglich sind.
Vorbeugung
Der einzige effektive Schutz vor schweren klinischen Symptomen ist die Impfung. Die Anwendung von mehreren geeigneten Impfstoffen gegen die Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 (BTV-3) wurde per Eilverordnung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit Wirkung zum 07. Juni 2024 gestattet. Weitere Informationen zur Impfung finden Sie hier. Da das Virus durch infizierte Gnitzen übertragen wird, sollte insbesondere bei noch nicht geimpften Tieren versucht werden, die Tiere vor Stichen zu schützen. Die Gnitzen sind vorwiegend in der Abend- und Morgendämmerung und im offenen Gelände auf der Suche nach einer Blutmahlzeit an Weidetieren. Als Brutstätten eignen sich stehende Wasserflächen (bspw. Pfützen, Regentonnen, Teiche), aber auch feuchter mit organischen Stoffen (z.B. Laub oder Fallobst) angereicherter Boden bzw. Schlamm oder Mist. Zum Schutz vor den Gnitzen kann u.a. die Behandlung der Tiere mit Repellentien oder die Aufstallung der Tiere insbesondere während der Dämmerung bzw. über Nacht beitragen. Brutstätten in der Nähe von Tierhaltungen sollten soweit möglich vermieden bzw. beseitigt werden.
Häufig gestellte Fragen und Antworten
Hierfinden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen.
Informationen für Jägerinnen und Jäger
Das Informationsblatt zum Herunterladen finden Sie hier.
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