Wie wollen Land und Kommunen künftig zusammenarbeiten? Darüber haben die Partner erneut in Kiel verhandelt – und sich auf zentrale Regelungen geeinigt.
Eine verlässliche Ganztagsbetreuung, Entlastungen bei der Eingliederungshilfe und mehr Digitalisierung in der Kommunalpolitik – über diese und weitere Themen haben Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierung sowie der Kommunen in Kiel verhandelt. Die Gespräche seien sehr konstruktiv gelaufen, betonte Ministerpräsident Daniel Günther bei einer Pressekonferenz im Anschluss. Die nun erzielten Einigungen seien nicht weniger als ein Meilenstein für Land und Kommunen. "Wir haben uns sowohl bei aktuellen und ganz konkreten Fragen verständigt, als auch bei den großen Linien und wichtigen Weichenstellungen für die Zukunft. Das ist ein starkes Signal für die Handlungsfähigkeit unseres Landes."
Planungssicherheit für die Partner
Ein zentraler Bestandteil der Vereinbarung betrifft die Verteilung der Mittel aus dem Sondervermögen Bund "Infrastruktur und Klimaneutralität". Künftig sollen 62,5 Prozent des Länderanteils des Sondervermögens an die Kommunen fließen, um Investitionen in Straßen, Radwege und Co. zu ermöglichen und gleichzeitig Planungssicherheit für die Städte und Gemeinden zu schaffen. Ziel sei es, die Mittel schnell und unbürokratisch bereitzustellen, sagte Günther. "Ich begrüße die Einigung mit den Kommunen ausdrücklich", betonte der Regierungschef. "Land und Kommunen stehen vor zahlreichen Herausforderungen, für die wir aber ein gemeinsames Verständnis entwickelt und faire, zukunftsfähige Antworten gefunden haben. Ich bin mir sicher, dass wir die Herausforderungen mit diesem Schulterschluss gut bewältigen werden."
Ganztagsbetreuung wird ausgebaut
Ab dem übernächsten Schuljahr erhalten Erstklässler einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Das sei eine gute Nachricht für die Eltern im Land, erklärte Bildungsministerin Dr. Dorit Stenke. Die Einigung sei eine Chance für alle Kinder auf mehr Bildungsgerechtigkeit. So sollen die Elternbeiträge auf maximal 135 Euro gedeckelt werden, darüber hinaus sind Geschwister- und Sozialermäßigungen vorgesehen. Bereits im Ganztag tätige Fachkräfte würden weiterfinanziert, erklärte die Ministerin. Außerdem werde ein Schlüssel von zwei Betreuungspersonen pro 25 Kindern eingeführt. In den Verhandlungen einigten sich Land und Kommunen darüber hinaus auf einen Erstattungsmechanismus für die Betriebskosten.
Mit Blick auf die zuletzt stark gestiegenen Kosten in der Eingliederungshilfe verständigten sich die Beteiligten auf einen gemeinsamen Dialogprozess zur Entlastung der Kommunen. Dazu sei nun ein sogenannter "Letter of Intent" unterzeichnet worden, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Tobias Goldschmidt: "Wir werden uns dieses Thema genau anschauen mit der Zielsetzung, dass die Kostensteigerungen verlässlich sind und dass sie vier Prozent in Zukunft nicht mehr übersteigen."
Abschiebung von straffälligen Migranten
Eine weitere Einigung betraf den durch den Bund geplanten Ausreisearrest für straffällige, ausreisepflichtige Personen. Sobald der Bund dafür die rechtlichen Grundlagen schaffe, werde auch Schleswig-Holstein diese umsetzen. "Dabei haben wir uns darauf verständigt, dass die Unterbringung der Personen nicht in der organisatorische Verantwortung der Kommunen liegt", sagte Günther. Der Ausreisearrest werde dementsprechend zentral organisiert und finanziert.
Mehr Teilhabemöglichkeiten in der Kommunalpolitik
Mit fünf Millionen Euro unterstützt die Landesregierung die Kommunen dabei, sich digital besser aufzustellen. Mit dem Geld sollen die Städte und Gemeinden unter anderem die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Menschen künftig auch digital an kommunalen Sitzungen teilnehmen können. "Die Einigung zeigt, dass wir auch in komplexen Fragen der Aufgabenverteilung zu Lösungen kommen, die den Alltag in Verwaltung und Kommunen erleichtern", sagte Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack. "Wir sind uns als Landesregierung mit den kommunalen Landesverbänden darüber einig, dass wir die Möglichkeiten für hybride Sitzungen verbessern wollen. Daher halte ich es für gut, dass wir uns darüber verständigt haben, Kommunen zu verpflichten, hybride Sitzungen anzubieten, bei denen die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Zudem wird das Land alle Kommunen dabei mit einer Summe von fünf Millionen Euro unterstützen."
"Klarheit in zentralen Fragen"
Landrat Henning Görtz (Kreis Stormarn), Vorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages, zeigte sich zufrieden mit der Vereinbarung: "Die heute gelungene Einigung schafft Klarheit in zentralen Fragen. Wichtig ist, dass es im Landeshaushalt 2026 keine neuen Sparmaßnahmen zu Lasten der Kommunen gibt. Für die Betriebskosten der Ganztagsschulen bekommen wir eine vorbildlich bürokratiearme Lösung, die allen Akteuren vor Ort Planungssicherheit gibt und die Qualitätsentwicklung voranbringt. Gemeinsam mit dem Land soll bei der Eingliederungshilfe eine Dämpfung des Kostenanstiegs erreicht werden. Wenn der Bund die Voraussetzungen schafft, wird im Land ein Ausreisearrest für ausreisepflichtige Straftäter und sogenannte Gefährder umgesetzt. Für die Digitalisierung kommunaler Sitzungen bekommen die Kommunen mehr Unterstützung und Eigenverantwortung. Die Kommunen begrüßen diese Einigung, erinnern aber auch an die fortbestehende strukturelle Unterfinanzierung der kommunalen Aufgaben."
Finanzielle Herausforderung
Trotz aller Euphorie über das Erreichte sei die Situation der Haushalte sowohl auf Landes- als auch auf Kommunalebene herausfordernd, sagte Finanzministerin Silke Schneider. Im Juni habe das Land den Kommunen mehr als zwei Milliarden Euro für die kommenden zwölf Jahre zugesichert. "Unser gemeinsames Ziel ist, dass die Infrastrukturmittel schnell dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Damit das gelingt, bringen wir alle nötigen Verwaltungsschritte mit Tempo auf den Weg."
Trotz der angespannten Haushaltslage habe sich das Land bereit erklärt, mit dem Haushaltsentwurf 2026 keine weiteren Einsparungen zulasten der Kommunen umzusetzen. "Das Land wird die nächste Konsolidierungstranche alleine schultern. So geben wir den Kommunen zusätzliche Sicherheit und stärken ihre Investitionen bei den Menschen vor Ort."
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