KIEL. In der vergangenen Woche erfolgte die 1. Kabinettsbefassung zum Entwurf für ein neues Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein (Landesverfassungsschutzgesetz – LVerfSchG -). Mit diesem wird das über 30 Jahre alte Landesverfassungsschutzgesetz durch ein Gesetz abgelöst, das den fachlichen und juristischen Anforderungen an ein modernes Nachrichtendienstrecht Rechnung trägt.
Um dem Entwurf eine klare und verständliche Struktur zu geben, ist dieser nicht als Änderungsgesetz, sondern als Neufassung vorgelegt worden. Verschiedene bundesweite rechtliche und tatsächliche Entwicklungen haben eine vollständige Neufassung erforderlich gemacht. Mit dem neuen Gesetz soll zudem ein zentraler innenpolitischer Punkt des Koalitionsvertrages für die 20. Wahlperiode umgesetzt werden.
Innenministerin Sütterlin-Waack sagt dazu: "Mit diesem Gesetz wollen wir den Verfassungsschutz auf ein neues Fundament stellen. Es ist ein Gesetz, das der heutigen sicherheitspolitischen Lage gerecht wird. Bewährte Strukturen bleiben erhalten, doch angesichts der veränderten Sicherheitslage war es notwendig, dem Nachrichtendienst erweiterte Befugnisse einzuräumen. Unser demokratischer Rechtsstaat erfordert einen Verfassungsschutz, der in der Lage ist, Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, korrekt einzuordnen und entsprechend handeln zu können. Die gesetzlichen Anpassungen geben dem Verfassungsschutz den erforderlichen Handlungsrahmen – klar definiert, kontrollierbar und eingebettet in die unverrückbaren Prinzipien rechtsstaatlicher Begrenzung und parlamentarischer Kontrolle.
"
Den Verfassungsschutzbehörden der Länder und des Bundes kommt als Früherkennungs- und Frühwarnsystem der wehrhaften Demokratie eine zentrale Aufgabe beim Schutz der verfassungsmäßig gesicherten Grundsätze und Rechtsgüter zu. Zur Erfüllung dieses verfassungsrechtlichen Auftrages bedarf es einer sicheren, zeitgemäßen und verständlichen Gesetzesgrundlage für den Verfassungsschutz in Schleswig-Holstein. Hierbei sind auch stets Vorgaben höchstrichterlicher Rechtsprechung zu berücksichtigen.
In den zurückliegenden Jahren sind zudem die Anforderungen an die Gewährleistung der Inneren Sicherheit aufgrund einer verschärften Sicherheitslage stark angestiegen. So sind die Fälle politisch motivierter Kriminalität konstant gestiegen oder verharren auf hohem Niveau. Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung gehen dabei neben dem Rechts- und Linksextremismus weiterhin auch vom Islamismus und islamistischen Terrorismus aus. Hinzu treten neue Gefahren durch Spionage, Wirtschaftsspionage und hybride Bedrohungen.
"Mit diesem Gesetzentwurf reagieren wir nicht nur auf die veränderten Bedrohungen für unsere Demokratie, wir stellen den Verfassungsschutz für die kommenden Jahrzehnte neu auf. Auch die Umsetzung unseres Sicherheitspakets ist in den Gesetzentwurf eingeflossen
", so die Ministerin.
Inhaltliche Kernpunkte der Reform sind u.a.:
- die Einführung einer gerichtlichen Vorab- und Begleitkontrolle für besonders eingriffsintensive nachrichtendienstliche Mittel, wie etwa den Einsatz von Vertrauenspersonen,
- die Schaffung klarer rechtsstaatlicher Grenzen für den Einsatz von Vertrauenspersonen,
- die Schaffung neuer Befugnisse, z. B. für Finanzermittlungen (Abfrage von Kontostamm- und Kontoverkehrsdaten), zur Wohnraumüberwachung und ebenso zur Informationsauswertung mittels automatisierter technischer Systeme, um die stark wachsenden Datenmengen, insbesondere in extremistischen online-Foren, schnell auswerten zu können,
- die Aufnahme einer normenklaren Regelung zur Brief-, Post- und Telekommunikationsüberwachung einschließlich Quellen-Telekommunikationsüberwachung,
- die sog. Aggressionsklausel wurde gestrichen, d.h. eine Bestrebung muss nicht mehr zwingend auf eine kämpferisch-aggressive Haltung gerichtet sein, sondern kann sich auch ausschließlich legaler Methoden bedienen,
- die Schaffung einer Übermittlungskompetenz an personalführende Stellen bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst zum Schutz vor Verfassungsfeinden. Der entsprechende Gesetzentwurf zur Stärkung der Verfassungstreue wird den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften im Rahmen der vorgezogenen Beteiligung in Kürze übersandt.
- Stärkung der Rolle des Parlamentarischen Kontrollgremiums durch zusätzliche Befugnisse wie Akteneinsichts- und Zutrittsrechte.
Nach der erfolgten 1. Kabinettsbefassung folgt nun die Verbändeanhörung. Die 2. Kabinettsbefassung ist für das 4. Quartal 2025 vorgesehen.
Der Entwurf im Internet auf den Seiten des Innenministeriums: schleswig-holstein.de - Gesetzesvorhaben / Landtag
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