KIEL. Das Landeskabinett hat heute (27.04) den Gesetzentwurf zur Änderung des Selbstbestimmungsstärkungsgesetzes beschlossen. Der Entwurf wird jetzt dem Landtag zur weiteren Beratung zugeleitet. Neben sprachlichen Anpassungen an das Bundesteilhabegesetz und an die UN-Behindertenkonvention (UN-BRK) enthält der Entwurf wichtige inhaltliche Ergänzungen für den Bereich der alternativen ambulanten gemeinschaftlichen Wohnpflegeformen.
Sozialminister Heiner Garg betont: „Das Selbstbestimmungsstärkungsgesetz hat sich insgesamt bewährt. Gleichzeitig hat die Praxis gezeigt, dass im Detail Klarstellungen nötig waren. Zudem hat sich die Wohnpflegelandschaft für pflegebedürftige Menschen in den vergangenen Jahren weiter verändert: Es gibt immer mehr alternative, ambulant versorgte Wohnpflegeformen für Menschen mit Pflegebedarf, die vollstationären Einrichtungen sehr ähnlich sind, ohne entsprechende Standards erfüllen zu müssen. Dadurch sind Regelungslücken entstanden, die wir mit diesem Gesetz schließen. Es ist uns wichtig, neue Wohnformen zu ermöglichen, dabei aber den Schutz und die Interessen der Pflegebedürftigen sicherzustellen. Die Anpassungen werden dazu beitragen, eine qualitativ hochwertige Pflege und Betreuung auch in alternativen ambulanten gemeinschaftlichen Wohnpflegeformen sicherzustellen, wovon die pflegebedürftigen Menschen und Menschen mit Handicap in diesen Wohnformen profitieren.“
Das Gesetz sieht folgende wesentliche Änderungen vor:
- Entsprechend dem Ansatz des Selbstbestimmungsstärkungsgesetzes (
„so viel Selbstbestimmung wie möglich, so viel Schutz wie nötig“
) stehen den Aufsichtsbehörden (künftig: Wohnpflegeaufsicht) abgestuft nach dem Grad der Wahlfreiheit und Selbstbestimmung der Menschen mit Pflegebedarf oder Handicap in der jeweiligen Wohnpflegeform erforderliche Aufsichtsbefugnisse zur Verfügung. Vor dem Hintergrund des Wunsches vieler Pflegebedürftiger, im Alter in einer ambulanten Versorgungsform zu leben, hat sich die Angebotsvielfalt im ambulanten Bereich entsprechend entwickelt. Da in der Praxis bisher nicht immer klar war, welcher Regelung im Gesetz eine gemeinschaftliche ambulante Wohnpflegeform zuzuordnen war, sieht der Entwurf eine klarstellende Neufassung und Neuordnung dieser Regelungen vor. Die privat organisierte ambulante Pflege in der eigenen Häuslichkeit unterfällt damit weiterhin nicht dem Selbstbestimmungsstärkungsgesetz. - Gemeinschaftliche ambulante Wohnpflegeformen, in denen die dort lebenden pflegebedürftigen Menschen in einem strukturellen Abhängigkeitsverhältnis stehen, das der Abhängigkeit in einer stationären Einrichtung faktisch gleichkommt, werden ordnungsrechtlich grundsätzlich den stationären Einrichtungen gleichgestellt. Damit ist sichergestellt, dass Menschen in solchen ambulanten Angeboten – insbesondere in Wohngemeinschaften für Intensivpflege – je nach Bedarf auch die gleichen Leistungen und den Schutz erhalten wie Menschen, die in stationären Einrichtungen leben. Um nicht wie eine stationäre Einrichtung behandelt zu werden, müssen die Leistungsanbieter solcher Wohnformen im Einzelfall widerlegen, dass eine ähnliche Abhängigkeit der Bewohnerschaft wie in einer stationären Einrichtung besteht, weil die Bewohnerinnen und Bewohner nicht in ihrer Wahlfreiheit und Selbstbestimmung bei der Inanspruchnahme der unterschiedlichen Leistungen (Wohnraumüberlassung, Pflege, Betreuung und Assistenz, hauswirtschaftliche Versorgung/Verpflegung) eingeschränkt sind. Die Wohnpflegeaufsichten erhalten gleichzeitig die Möglichkeit einer Zuordnungsprüfung. Dadurch können sie prüfen, ob der Anbieter einer ambulanten Versorgungsform nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch die Voraussetzungen dafür erfüllt. Damit die betroffenen Leistungserbringer von Intensivpflege in Intensivpflege-Wohngemeinschaften ausreichend Zeit haben, entsprechende Anpassungen vorzunehmen, soll diese Regelung erst nach einer Übergangsfrist in Kraft treten. Zudem müssen auch künftige Vorgaben für die Intensivpflege auf Bundesebene noch abgewartet werden.
- Die bereits bestehenden Möglichkeiten zur Regelung der Anforderungen an das Personal in stationären Einrichtungen im Rahmen einer im nächsten Schritt anzupassenden Landesverordnung werden ergänzt: So sollen künftig auch Vorgaben für den Einsatz von externem Personal (insbesondere von Leiharbeitskräften) gemacht werden. Damit kann flexibel auf die Erfahrungen in der Praxis in Bezug auf die Auswirkungen des dauerhaften und umfangreichen Einsatzes von externem Personal auf die pflegerische Qualität reagiert werden.
- Der Datenaustausch zwischen Behörden und Stellen, die für die unterschiedlichen Wohnpflegeformen zuständig sind (z.B. Medizinischer Dienst, Gesundheitsämter, Rettungsdienste), soll verbessert werden. Dadurch sollen Synergien genutzt und überflüssige Doppelprüfungen vermieden werden. Das soll die Qualität weiter verbessern und zugleich alle Beteiligten in der Praxis entlasten.
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