Grundsätze
Welche Grundsätze sind in der Bauleitplanung zu beachten?
Die Grundsätze der Bauleitplanung sind in § 1 Absatz 5 Baugesetzbuch in Form von generellen Planungszielen zusammengefasst. Danach sollen die Bauleitpläne unter anderem eine
- nachhaltige geordnete städtebauliche Entwicklung und
- dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung auch unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten und dazu beitragen,
- menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln, und
- den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung zu fördern sowie
- die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln.
Dabei ist der Vorrang der Innenentwicklung zu beachten. § 1 Absatz 6 Baugesetzbuch nennt in beispielhafter, nicht abschließender Form weitere für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung wesentliche konkrete Planungsleitlinien.
Entsprechende Planungsdirektiven können sich aber auch aus fachgesetzlichen Anforderungen ergeben, die in der Bauleitplanung zu berücksichtigen sind. Dies gilt beispielsweise für den Trennungsgrundsatz aus § 50 Absatz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz, wonach bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und hervorgerufene Auswirkungen von schweren Unfällen für schutzbedürftige Nutzungen (zum Beispiel: Wohngebiete) vermieden werden.
Welche Belange sind in der Abwägung zu berücksichtigen?
Nach § 2 Absatz 3 Baugesetzbuch sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.
Nach § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch hat die Gemeinde bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dabei genießen öffentliche Interessen nicht aus sich heraus einen Vorrang vor privaten Interessen.
Die Abwägung ist ein Grunderfordernis rechtsstaatlicher Planung. Durch die Planung regelt die Gemeinde die zulässige Nutzung von Grundstücken und bestimmt damit den Inhalt des Eigentums an Grund und Boden.
Entgegengesetzte Interessen sollen in ein abgewogenes Verhältnis zueinander und zu einem gerechten Ausgleich untereinander gebracht werden. Ist dies nicht möglich, weil die Entscheidung sinnvollerweise ein Interesse bevorzugen muss, können der benachteiligten Eigentümerin oder dem benachteiligten Eigentümer Entschädigungsansprüche zustehen (zum Beispiel § 40 Baugesetzbuch für die Umwidmung von Flächen mit privatnütziger Nutzbarkeit in – abschließend aufgeführte – fremdnützige Nutzungen).
In der Abwägung haben Entscheidungen über Eingriffe in Natur und Landschaft und die Entscheidung über Ausgleichs- beziehungsweise Ersatzmaßnahmen zunehmend Bedeutung erlangt (§ 1a Absatz 3 Baugesetzbuch, §§ 14, 15 Absatz 3 Bundesnaturschutzgesetz).
Insbesondere sind in diesem Zusammenhang auch Ansätze zur Minimierung der Eingriffsschwere darzulegen und Planungsalternativen aufzuzeigen (vergleiche Nummer 2 Buchstabe c und d der Anlage 1 zu § 2 Absatz 4, §§ 2a und 4c Baugesetzbuch).
Nicht der Abwägung unterliegen die Prüfung nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (§ 1 a Absatz 4 Baugesetzbuch in Verbindung mit § 33 Absatz 1 Bundesnaturschutzgesetz in Verbindung mit § 24 Landesnaturschutzgesetz) sowie die Bestimmungen des Artenschutzes.
Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden (§ 1a Absatz 2 Satz 1 Baugesetzbuch). Dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinden insbesondere durch Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen. Bodenversiegelungen sind auf das notwendige Maß zu begrenzen (sogenannte "Bodenschutzklausel").
Landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen sind nur im notwendigen Umfang für andere Nutzungsarten vorzusehen und in Anspruch zu nehmen (§ 1a Absatz 2 Satz 2 Baugesetzbuch, sogenannte "Umwidmungssperrklausel").
Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Grundsätze, die sich teilweise auch aus fachrechtlichen Bestimmungen ergeben und die es in der Abwägung der Gemeinde zu berücksichtigen gilt.
Die Abwägung gliedert sich in drei Phasen:
- Ermittlung beziehungsweise Zusammenstellen des Abwägungsmaterials
- Gewichtung des Abwägungsmaterials, das heißt die isolierte Bewertung der Einzelbelange
- die Entscheidung darüber, welche Belange im gegenüberstellenden Vergleich mit anderen Belangen den Vorrang erhalten beziehungsweise zurücktreten müssen. Es handelt sich dabei um die Abwägung im engen Sinne beziehungsweise das Abwägungsergebnis.
Verstöße gegen das Gebot der Ermittlung und Bewertung des umweltrelevanten und sonstigen Abwägungsmaterials (§ 2 Absatz 3 und Absatz 4 Satz 1 Baugesetzbuch) sind Verfahrensfehler (§ 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Baugesetzbuch) und können deshalb nicht als materielle Fehler in der Abwägung geltend gemacht werden (§ 214 Absatz 3 Satz 2 erster Halbsatz Baugesetzbuch).
Sonstige Fehler im Abwägungsvorgang, die nicht von den oben dargestellten Verfahrensfehlern erfasst werden (ein eher theoretischer Fall) werden als materielle Fehler im Abwägungsvorgang angesehen (§ 214 Absatz 3 Satz 2 zweiter Halbsatz Baugesetzbuch, sogenannte "Angstklausel").
Es müssen alle relevanten Belange bekannt sein und in die Abwägung einbezogen werden. Ist dies nicht der Fall, so besteht ein Ermittlungs- oder Bewertungsfehler, dessen Folgen sich in Bezug auf die Wirksamkeit des Plans nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 215 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Baugesetzbuch richten.
Die Gemeinde ist in ihrer Abwägung frei. Sie darf ihren Abwägungsspielraum nicht unzulässig einengen. Das schließt Absprachen im Vorfeld der Planung zwar nicht aus, eine bindende Verpflichtung, einen bestimmten Plan in Kraft zu setzen, ist dagegen nicht möglich (§ 1 Absatz 3 Satz 2 Baugesetzbuch). Selbst wenn eine Vorhabenträgerin oder ein Vorhabenträger sich gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat, Planungs- und Erschließungskosten zu übernehmen, Ausgleichsmaßnahmen zu bezahlen sowie das Vorhaben innerhalb einer vorgegebenen Frist zu errichten, muss die Gemeinde über einen Antrag der Vorhabenträgerin oder des Vorhabenträgers zur Einleitung des Planaufstellungsverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden (§ 12 Absatz 2 Satz 1 Baugesetzbuch).
Fasst die Gemeinde eine Absprache irrtümlich als verpflichtend auf, führt dies zu einem materiellen Fehler (Verstoß gegen § 1 Absatz 3 Satz 2 Baugesetzbuch), der sich unmittelbar auf das Abwägungsergebnis auswirkt und den Plan unwirksam macht.