Immissionen
Was ist bei Bauleitplanungen in Bereichen, die mit Immissionen vorbelastet sind, zu beachten?
Die Anforderungen an den Abwägungsvorgang ergeben sich aus den verfahrensrechtlichen Vorgaben des § 2 Absatz 3 Baugesetzbuch, wonach die abwägungsbeachtlichen Belange zutreffend zu ermitteln und zu bewerten sind, sowie – materiell-rechtlich – aus § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch, wonach bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind.
In die Betrachtung einzubeziehen sind nicht erst schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz. Vielmehr sind auch solche Immissionen beachtlich, die keine unzumutbare Beeinträchtigung entstehen lassen, aber auch nicht als objektiv geringfügig anzusehen sind, weil sie mit so geringem Gewicht zu Buche schlagen, dass sie als planungsrechtlich zu vernachlässigende Größe bei der Abwägung außer Betracht bleiben können. Je nach Lage des einzelnen Falles bestimmt sich dabei der Aufwand, der zur Ermittlung möglicher Immissionen erforderlich ist. Dieser kann von einer Grobabschätzung bis zu einer eingehenden Immissionsprognose reichen. Maßstab hierfür ist, dass die plangebende Stelle sich als Grundlage der Abwägungsentscheidung in einer Weise mit den zu erwartenden Beeinträchtigungen vertraut macht, die es ihr ermöglicht, hieraus entstehende Konflikte umfassend in ihrer Tragweite zu erkennen.
Eine Abstimmung im Einzelfall mit den zuständigen Fachbehörden dürfte bereits erste Erkenntnisse über die Art und den Umfang notwendiger Betrachtungen liefern. Die Verantwortung der Abwägungsentscheidung verbleibt jedoch bei der Gemeinde.
Sind Immissionskonflikte auf der Planungsebene bereits abschließend zu lösen?
Zu den maßgeblichen Abwägungsgrundsätzen gehört das Gebot der Konfliktbewältigung (vergleiche Oberverwaltungsgericht Greifswald, Urteil vom 16.08.2022 – 3 K 476/19). Das im Abwägungsgebot des § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch verankerte Gebot der Konfliktbewältigung verlangt, dass jeder Bauleitplan grundsätzlich die von ihm selbst geschaffenen oder ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, indem die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden (vergleiche Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.03.2015 – 4 BN 32/13).
Auf der Ebene des Flächennutzungsplans sind die möglichen Konflikte darzulegen und erforderlichenfalls wirksame Maßnahmen zur Konfliktbewältigung darzulegen. Die Maßnahmen müssen grundsätzlich in der nachfolgenden Planungsstufe beziehungsweise bei der Umsetzung des Vorhabens umsetzbar sein.
Auf der Ebene des Bebauungsplans sind die Konflikte grundsätzlich über entsprechende Festsetzungen zu lösen. Ein Konflikttransfer auf die Umsetzungsebene ist nur zulässig, wenn die Durchführung der Maßnahmen zur Konfliktbewältigung auf einer nachfolgenden Stufe möglich und sichergestellt ist (vergleiche Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.02.2015 – 4 VR 5.14). Jedenfalls wird es für die Nachvollziehbarkeit der Abwägungsentscheidung erforderlich sein, dass die wesentlichen Entscheidungsgründe in der Planbegründung dokumentiert werden. Ein besonderes Gewicht kommt der Nachvollziehbarkeit insbesondere dort zu, wo fachrechtliche Abwägungsdirektiven eine Einzelfallprüfung für die Verträglichkeit von Nutzungen untereinander vorsehen.