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Schleswig-Holstein

Höhenmessung über die Eider – Präzision auf 500 Metern Wasser

Wie übertrage ich einen Höhenpunkt, wenn dazwischen ein Fluss liegt?

Letzte Aktualisierung: 27.11.2025

Diese Frage stand im Mittelpunkt einer ganz besonderen Messkampagne an der Eider bei Tönning. Drei Landesämter – aus Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein – arbeiteten Hand in Hand, um genau das herauszufinden. Ziel war es dabei, den Höhenunterschied zwischen zwei amtlichen Festpunkten zuverlässig zu bestimmen. Doch über Wasser lässt sich bekanntlich keine Messlatte aufstellen. Also braucht es andere Wege, um das Ziel zu erreichen. Wie sich herausstellt sind diese präzise, anspruchsvoll und technisch spannend. Aber eins nach dem anderen.

Was ist eigentlich ein Stromübergang?

Ein Stromübergang beschreibt die Übertragung von Höheninformationen über ein Gewässer. Auf dem Land erfolgt so etwas normalerweise mit einer Nivellierlatte – über einem Fluss funktioniert das jedoch nicht. Deshalb kamen an der Eider besondere Messmethoden zum Einsatz.

Übersichtskarte mit Darstellung der beiden Festpunkte und der Ziellinie
Übersichtskarte mit Darstellung der beiden Festpunkte und der Ziellinie

Damit spätere Wiederholungsmessungen möglich sind, wurde der südliche Messpunkt dauerhaft mit einem Rammstab markiert, der nördliche vorübergehend auf die gleiche Weise eingerichtet.

Ralf Däbel vom LVermGeo Sachsen-Anhalt bei der Herstellung der Festpunkte (links) und fertiger höhenstabiler Festpunkt (rechts)
Ralf Däbel vom LVermGeo Sachsen-Anhalt bei der Herstellung der Festpunkte (links) und fertiger höhenstabiler Festpunkt (rechts)

Drei Wege zum Ziel – drei Messverfahren im Vergleich

Um die etwa 500 Meter breite Eider zu überbrücken, wurden drei Verfahren parallel eingesetzt. Jedes hat seine Stärken, jede Methode liefert Einblicke in Genauigkeit und Praxis.

1. Geometrisches Nivellement – optisch, bewährt und extrem feinfühlig

Zum Einsatz kam bei dieser Methode ein spezielles Präzisionsnivelliergerät, das Carl Zeiss Jena Ni002A. Mit starker Optik (50-fache Vergrößerung) und drehbarem Kompensator liefert es nach einer Mittlung der Ergebnisse aus zwei Ablesungen einen nahezu absoluten Horizont. Der Rückblick wird dabei direkt an der Nivellierlatte abgelesen. Beim Vorblick über eine Zieltafel auf der gegenüberliegenden Seite kommen die Anweisungen per Telefon an den Messgehilfen oder die Messgehilfin.

Denny Wolter (links) und André Voss vom LAiV MV bei Beobachtungen mit einem Ni002A
Denny Wolter (links) und André Voss vom LAiV MV bei Beobachtungen mit einem Ni002A

Blick auf die Zieltafel durch das Ni002A (links) und exakte Ablesung seitlich der Zieltafel (rechts)
Blick auf die Zieltafel durch das Ni002A (links) und exakte Ablesung seitlich der Zieltafel (rechts)
2. Trigonometrisches Nivellement – der Höhenunterschied per Winkel

Im zweiten Messverfahren arbeitete das Team mit dem Leica Nova TS60, einem Präzisions­tachymeter mit einer Winkelgenauigkeit von 0,5". Schon kleinste Messfehler wirken sich direkt aus, weshalb Gerätehöhe und Prismenhöhe millimetergenau bestimmt werden mussten. Gemessen wurde mit einer aktiven ATR (einer automatischen Zielerkennung) ebenfalls in zwei Lagen. Das eingesetzte Gerät zählt zu den genausten Totalstationen auf dem Markt und ist deshalb ideal für große Distanzen, jedoch sensibel gegenüber Umgebung und Aufstellung.

Bestimmung der Gerätehöhe mit speziellen Strich-Code-Latten-Einsatz per Nivellement (links) und Ralf Däbel vom LVermGeo Sachsen-Anhalt bei der Messung zur anderen Uferseite (rechts)
Bestimmung der Gerätehöhe mit speziellen Strich-Code-Latten-Einsatz per Nivellement (links) und Ralf Däbel vom LVermGeo Sachsen-Anhalt bei der Messung zur anderen Uferseite (rechts)

3. GNSS – Höhenmessung per Satellit

Bei der Ermittlung des Höhenunterschieds kam auch die Satellitenpositionierung (GNSS) zum Einsatz. Dabei empfingen zwei kalibrierte Antennen des Typs Leica AR25.R4 gleichzeitig die vom Satelliten gesendeten Daten. Aus den differenziellen Daten dieses Verfahrens ergibt sich ein nahezu unverfälschter Vektor zwischen den Antennen. Zu beachten ist dabei, dass die Höhenmessung noch von der Modellfläche des Satellitenbezugssystems in das amtliche Höhensystem transformiert werden muss. Der Vorteil hierbei: Es ist keine Sichtverbindung nötig – dafür eine freie Sicht zum Himmel. Für die höchste Genauigkeit wurden die Antennen nach Norden ausgerichtet und die Messsysteme am Folgetag getauscht, um systematische Einflüsse auszuschließen.

Janek Syassen (vorn) und Kay Dunklau vom LVermGeo SH bei der Bestimmung der Antennenhöhe
Janek Syassen (vorn) und Kay Dunklau vom LVermGeo SH bei der Bestimmung der Antennenhöhe

Messbedingungen – die Natur mischt mit

Für optische Messungen ist eine ruhige Luftschichtung entscheidend. Darum wurde für dieses Vorhaben im November gemessen – denn dann ist es in Schleswig-Holstein in der Regel kühl und bedeckt, zudem gibt es nur wenig Flimmern in der Luft. Trotz der genauen Planungen verliefen die Messarbeiten dabei durchaus unter erschwerte Bedingungen ab. Denn beim ersten Messverfahren, dem geometrischen Nivellement, muss ein symmetrisches Trapez als Messgeometrie eingehalten werden. Mit anderen Worten: Es ist wichtig, dass die Zielachse möglichst horizontal ist. Letzteres gilt auch für das zweite Messverfahren, das trigonometrische Nivellement. Zusätzlich sollten die Messpunkte rechtwinklig zur Eider und mindestens zwei Meter über dem Wasserspiegel liegen. Doch die Ausrichtung dieser Zielachse gelang nicht ideal, was sich im Zusammenspiel mit dem norddeutschen Wind als echte Herausforderung präsentierte. 

Und das Ergebnis? 

Obwohl die eingesetzten Messverfahren so unterschiedlich sind, liegen die Ergebnisse beeindruckend nah beieinander. Hier die Übersicht:

Eingesetztes MessverfahrenErmittelte Höhendifferenz Nord → Süd
1. Ni002A (geometrisch)-0,0738 m (Fehler ± 0,16 mm)
2. Leica Nova TS60 (trigonometrisch)-0,0723 m (Fehler ± 0,08 mm)
3. GNSS-0,0730 m (Fehler ± 1,15 mm)

Die Messergebnisse des geometrischen Nivellements fließen nun in das amtliche Höhenfestpunktfeld ein. Die Ergebnisse zeigen auch, wie präzise moderne Messtechnik arbeitet – und wie wichtig solche Kooperationen für die Landesvermessung sind.

Wie geht es weiter?

Im kommenden Workshop der Vermessungsverwaltungen von Bund und Ländern werden die Messungen vorgestellt, verglichen und diskutiert. Das Ziel ist dabei, voneinander zu lernen, die Verfahren weiter zu verfeinern und zukünftige Höhenübertragungen noch weiter zu optimieren.

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